Schafswolle – ein nachhaltiges Multitalent der Natur

Wollpellets zur Düngung erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie überzeugen insbesondere durch ihre Langzeitdüngewirkung sowie durch ihre Wasserspeicherfähigkeit. Foto: Naturschutzfonds Wetterau e.V.

Die Zeit der Schafschur erstreckt sich von Mai bis Juli. Mittlerweile haben also auch die letzten Schafe im Wetteraukreis ihren Wollmantel ausgezogen – doch was geschieht nun mit dem wertvollen Rohstoff?

Durch jahrhundertelange Züchtung haben Schafe die Fähigkeit verloren, ihre Wolle selbstständig abzuwerfen und sind deswegen auf die Schur angewiesen. Zwischen drei und vier Kilogramm Wolle fallen pro Schaf und Jahr an. Wolle hat als Rohstoff viele vorteilhafte Eigenschaften. Sie ist schwer entflammbar, geruchsneutral, antibakteriell und kann relativ große Mengen Wasser aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen. Durch die Kräuselung der einzelnen Fasern bilden sich kleine Luftkammern und sorgen dafür, dass Wolle sowohl vor Kälte schützen, als auch bei Wärme isolierend wirken kann.

Aufgrund dessen wurde sie zu einem beliebten  Ausgangsmaterial für Kleidung. Inzwischen ist Wolle vor allem durch das Aufkommen synthetischer Fasern, aber auch durch Konkurrenz von hochwertiger Wolle aus Übersee vom Textilmarkt verdrängt worden. Klimatische Bedingungen und eine hohe Flächenverfügbarkeit haben dazu geführt, dass der globale Welthandel von Neuseeland, Australien, China und Argentinien bestimmt wird. Mit den geringen Preisen und der höheren Faserfeinheit kann die heimische Wolle kaum mithalten. Die Konsequenz ist, dass die Erlöse aus dem Wollverkauf oft nicht mal die Kosten für die Schur decken.

Neue Einsatzgebiete für heimische Schafwolle

Damit die Schur kein Minusgeschäft für Schäfereien bleibt, müssen neue Produkte entwickelt werden, die den wertvollen Rohstoff anderweitig verwerten.

Eine Einsatzmöglichkeit ist Schafwolle als Dünger: Für den Einsatz als Dünger wird die ungewaschene Schafwolle zu Pellets gepresst. Es entsteht ein vollwertiger Langzeitdünger mit relativ hohem Stickstoffgehalt, der seine Nährstoffe über rund sechs Monate freigibt. Somit ist er für die Versorgung von Starkzehrern mit langer Kulturdauer, also beispielsweise Kartoffeln, Tomaten und Kohl geeignet. Auch im Staudenbeet, bei Kübelpflanzen und in Pflanzlöchern von Bäumen, zum Beispiel im Streuobst, wirken die Pellets wahre Wunder. Denn neben der guten Nährstoffversorgung können die Pellets das 3,5-fache ihres Eigengewichts an Wasser speichern und die Bodenstruktur verbessern. Somit helfen sie auch bei der Wasserversorgung in Trockenperioden.

Eine weitere innovative Einsatzmöglichkeit ist Schafwolle als Baustoff: Schafwolle wird in der Baubranche vor allem als natürlicher Dämmstoff verwendet. Sie bietet hervorragende Wärmedämmung, reguliert die Feuchtigkeit auf natürliche Weise und verbessert das Raumklima. Zudem ist sie umweltfreundlich, biologisch abbaubar und trägt zur Reduktion von Schadstoffen in der Luft bei. Ein weiterer Vorteil von Schafwolle ist ihre hohe Schalldämmwirkung, die besonders in Wohngebäuden zur Lärmminderung beiträgt. Außerdem ist sie schwer entflammbar und kann durch Zugabe von natürlichen Salzen zusätzlich gegen Schädlinge und Schimmel geschützt werden, sodass eine lange Produkthaltbarkeit garantiert werden kann. Dadurch eignet sie sich ideal für nachhaltige Bauweisen und hat das Potential, künstliche Baustoffe zu ersetzen.

Wolle als Nebenprodukt der Landschaftspflege

„Die Leistung der Schafe in der Landschaftspflege ist unersetzlich“, betont Landrat Jan Weckler, Vorsitzender des Landschaftspflegeverbandes Naturschutzfonds Wetterau e.V. die wichtige Rolle der hiesigen Schafe. „Sie weiden auf Flächen, die sich sonst kaum bewirtschaften lassen und sorgen so für eine Steigerung der Biodiversität.“ Während sich Fleisch und verarbeitete Milchprodukte vermarkten lassen, bleiben die heimischen Schäferinnen und Schäfer auf der Wolle sitzen, zahlen für deren Entsorgung noch drauf oder geben sie für einen geringen Preis an Händlerinnen und Händler ab. Neue Vermarktungswege und Einsatzmöglichkeiten für Schafwolle tragen somit auch zur ökonomischen Sicherung der Schäfereibetriebe bei, die unersetzliche Partner im Naturschutz und der Landschaftspflege in der Wetterau sind.

Weitere Informationen zur Landschaftspflege mit Schafen sowie eine Infobroschüre finden Interessierte auf der Homepage des Naturschutzfonds Wetterau unter
https://wetteraukreis.de/naturschutzfonds/projekte/lpv-richtlinienfoerderung/schaefereiberatung.

Die Schäfereiberatung ist Teil des Projektes „Vorbereitung, Begleitung und Evaluation von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch den Naturschutzfonds Wetterau e.V.“ Es wird durch das Land Hessen im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Landschaftspflegeverbänden gefördert. Bewilligungsstelle ist das Regierungspräsidium Darmstadt. Die Förderung trägt insbesondere zur Umsetzung der Ziele der Hessischen Biodiversitätsstrategie bei.

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